600 Menschen machen sich strack

600 Menschen machen sich strack

Für die Demokratie: Hunderte Teilnehmer bei der Demonstration in Homberg.

VON CHRISTINE THIERY

Auch viele Kinder waren bei der Demonstration in Homberg: Ben (links) und Til Matys machten sich gemeinsam mit ihren Familien strack für ihre Zukunft. Alle Fotos: Christine Thiery
Auch viele Kinder waren bei der Demonstration in Homberg: Ben (links) und Til Matys machten sich gemeinsam mit ihren Familien strack für ihre Zukunft. Alle Fotos: Christine Thiery

Homberg – Der Jahrestag des Ermächtigungsgesetzes, das Adolf Hitler am 23. März 1933 die Macht ermöglichte, war der Aufhänger für die Demonstration für Demokratie in Homberg. Rund 600 Menschen versammelten sich auf dem Marktplatz und setzten ein Zeichen für demokratische Werte und gegen Rechtsextremismus.

Die Stadt Homberg, der Landkreis, das Evangelische Forum und der Evangelische Kirchenkreis hatten die Demonstration unter dem Motto „Mach dich strack – Gemeinsam geradestehen für Demokratie“, das der Landkreis ins Leben gerufen hat, organisiert. Hombergs Bürgermeister Dr. Nico Ritz sagte, die freiheitliche Grundordnung sei die Basis für das Zusammenleben und derzeit gefährdeter denn je. Was es bedeute, die Demokratie abzuschaffen, habe man bereits einmal erlebt. „Wir müssen wehrhaft bleiben.“ Auch der Starthilfe Ausbildungsverbund Schwalm-Eder e.V. unterstützte die Aktion.

Dekanin Sabine Tümmler bezog sich auf die Unantastbarkeit der Würde des Menschen aus dem Grundgesetz. „Alle Menschen sind gleichwertig und würdig.“ Dies sei eine zutiefst christliche Botschaft, die auch die Kirche vertrete. „Wir können aus der Geschichte lernen. Nie wieder ist jetzt.“

Erster Kreisbeigeordneter Jürgen Kaufmann führte tiefer in die Geschichte: „Am 23. März 1933 hebelten die Nazis mit dem Ermächtigungsgesetz die Demokratie aus. Sie übertrugen Hitler die Macht in einem damals scheinbar demokratischen Akt.“ Das sei ein großer Irrtum gewesen, wie man heute wisse, und dürfe sich so nicht mehr wiederholen. Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaat müssten immer wieder aufs Neue verteidigt werden. Dierk Glitzenhirn vom Evangelischen Forum wies auf die Vielfalt hin. In Deutschland lebten Menschen aus fast jedem Land dieser Erde und das sei toll so. „Die Erzählung von den reinen Deutschen ist absurd“, sagte er. Parteien, die die Menschenwürde nicht achteten, verdienten keine Unterstützung.

Neben den Veranstaltern hatten auch junge Menschen die Möglichkeit, auf der Marktplatzbühne zu sprechen: Kreisschulsprecherin Lisa- Marie Baumgart, Yasmin Kuczera von der Kirchenkreisjugend und Lukas George von der Landjugend. „Die Landjugend ist bunt, nicht braun“, sagte Lukas George. Es sei ein Privileg, die Stimme zu erheben, erläuterte Kreisschulsprecherin Lisa-Marie Baumgart und Yasmin Kuczera wies auf die Verantwortung der Jugend hin, sich für Gerechtigkeit einzusetzen.

Die Demonstranten mussten sich während der einstündigen Demonstration auch gegen das Aprilwetter wappnen, ein Gewitter mit Regen zog mittendrin am Nachmittag auf. Doch sie blieben standhaft bis zum Schluss. So auch Heike und Uwe Schmidt aus Fritzlar, die ein Schild für Toleranz hochhielten. Die Rechtsextremen bekämen zu viel Aufmerksamkeit, dem müsse man etwas entgegensetzen, sagten sie.

Norbert Memenga und Angelika Schniederalbers aus Gudensberg haben in der eigenen Familie Erfahrungen aus der Zeit der Naziherrschaft und wollen nicht, dass sich diese Zeit wiederholt. Für und mit ihren Kindern gingen Stefanie Reitze und Aline Matys aus Holzhausen auf die Straße.

„Wir müssen uns doch für die Zukunft unserer Kinder und für ein freiheitliches Land einsetzen“, sagte Stefanie Reitze. „Die Kinder sollten lernen, dass jeder gleich viel wert ist“, betonte Aline Matys.

Auch für Eckhard und Brigitte Preuschhof, beide 93-jährig aus Homberg, war es wichtig, an der Demonstration teilzunehmen. „Wir haben zwei Diktaturen erlebt“, sagten die beiden. Nie wieder solle es in Deutschland autokratische Systeme geben.